Ich habe die neue Lernfabrik des WIFI Dornbirn ja bereits in einem anderen Blogbeitrag kurz angeteasert. Heute möchte ich dir mehr darüber erzählen und auch Stefan Pöll, den Leiter des Projekts am WIFI Dornbirn, zu Wort kommen lassen.
Vorarlberg gibt Gas
In Vorarlberg ist ordentlich was los in Sachen Aus- und Weiterbildung. Vom technischen Spezialkurs bis zur klassischen Lehrlingsausbildung – das WIFI Dornbirn ist der Treffpunkt für Technikinteressierte aus der gesamten Region. Hier gibt es zum Beispiel Vorbereitungskurse zur Lehrabschlussprüfung, seit kurzer Zeit auch mit Robotik und Mechatronik als Spezialmodul. Es gibt aber auch Elektrotechnikkurse für Betriebselektriker bzw. Anlagen- und Automatisierungstechniker uvm. Viele dieser Trainingsangebote finden jetzt in der neuen „Digitalen Lernfabrik“ statt. Dort wird aus Theorie echte handwerkliche Praxis.
Vier Qualifizierungsprogramm-Level
In der topmodernen Ausbildungsstätte werden nicht nur einzelne Personen ausgebildet, sondern auch interessante Kooperationen mit Vorarlberger Unternehmen angeboten – ein wichtiger Baustein, um den Bedürfnissen der Wirtschaft optimal entgegen zu kommen. Stefan Pöll ist der Projektleiter der Digitalen Lernfabrik am WIFI Dornbirn. Er war am Aufbau beteiligt, arbeitet mit den Auszubildenden und ist auch für das Ausbildungskonzept verantwortlich. Stefan Pöll: „Vier unterschiedliche Qualifizierungsprogramm-Level gibt es. Die ‚Starter Class‘ ist für Berufseinsteiger ausgelegt, die ‚Career Class‘ ist ein Weiterbildungsangebot für Fachkräfte, die ‚Management Class‘ richtet sich an Führungskräfte des mittleren Managements und die ‚Top Class‘ ist für Unternehmer und Top-Führungskräfte ausgelegt.“
Gemeinsam erfolgreich
Das WIFI Dornbirn und die Vorarlberger Unternehmen sind bestens vernetzt. So werden beispielsweise Lehrlinge aus unterschiedlichsten Betrieben in und an der neuen Lernfabrik ausgebildet. Enge Kontakte gibt es auch zu den Berufsschulen der Region, die von der technischen Vielfalt und dem innovativen Lernumfeld profitieren. Zum Beispiel bei einem Kurs für Lehrlinge und Quereinsteiger, die sich für Industrie 4.0 interessieren. Denn nicht nur die zum Einsatz kommenden Technologien sind teilweise sehr unterschiedlich, sondern auch die Bedürfnisse und Herausforderungen der einzelnen Betriebe. Stefan Pöll hat sich im Zuge der Entwicklung der Lerninhalte intensiv mit den verschiedenen Ausbildungsschwerpunkten der Unternehmen beschäftigt und daraus 14 Spezialmodule erstellt, um Firmen und ihre Lehrlinge mit speziellen Fachinhalten zu unterstützen.
Stefan Pöll – Projektleiter der Digitalen Lernfabrik am WIFI Dornbirn
Schritt für Schritt zu Industrie 4.0
Mit der Digitalen Lernfabrik wurde eine Möglichkeit geschaffen, das Thema Industrie 4.0 wachsend ab den Grundkenntnissen selbst zu erleben. Auch hier wird Vernetzung in jeder Hinsicht groß geschrieben – technologisch und inhaltlich. Der Lerntransfer kann beispielsweise vor Ort in der Lernfabrik, elektronisch über Web-based Trainings (eLearning) als auch unterstützend via Tablet-basierender Schaltkonsole – dem Tech2Screen von Festo Didactic – erfolgen. „Die Digitale Lernfabrik und ihre unterschiedlichen Anlagenbereiche sowie Vernetzungs- und Simulationsmöglichkeiten eröffnen ein breites Spektrum an Möglichkeiten und einen unglaublichen, praxisorientierten Erfahrungsschatz“, erklärt Stefan Pöll.
Das passende „Gewusst wie“ für die Produktion von morgen
Neben vielen technischen Details steht in der digitalen Lernfabrik auch der Blick für das große Ganze im Fokus. Von der spanenden Fertigung über die Logistik bis zur automatisieren Qualitätskontrolle – die Stationen bilden eine reale Produktion ab und setzen dabei auf den Einsatz echter Industriekomponenten. Wesentliche Teile sind unter anderem ein Hochregallager, das permanente Handling des Werkstücks im Rahmen des gesamten Prozesses und eine CNC-Anlage. Die automatische Be- und Entladung der Maschinen ist dabei ebenso inkludiert wie eine Roboterzelle, die die Endmontage durchführt.
150 m² Hightech
In der digitalen Lernfabrik kommen unter anderem unser CP-Lab, das Manufacturing Execution System MES4, MPS Robotik-Stationen, der multimediale Lernbegleiter Tec2Screen, die 3D-Simulation Ciros und Festo LX (Learning Experience) zum Einsatz. Das ist unser digitales Lernportal, mit dem sich individuelle Lernerlebnisse für Lehrende und Lernende gestaltet lassen. Hatte man früher einen klassischen, stufig aufgebauten Hörsaal mit dem Tisch des Vortragenden an der Stirnseite, wurde die Räumlichkeit mittlerweile in zwei Etagen umgebaut. „Im oberen Bereich befindet sich ein komplettes Labor mit zwölf PC-Arbeitsplätzen und sechs E-Laborplätzen von Festo Didactic. Dabei wurde alles wie ein Industrienetz aufgebaut, nur die MPS-Roboterstationen werden aus Sicherheitsgründen noch stationär ohne externe Vernetzung betrieben“, so Stefan Pöll.
Eine Reise durch die Lernfabrik
Das Werkstück, das in der digitalen Lernfabrik gefertigt wird, ist ein Handygehäuse mit Teilen des Innenlebens. Die Reise startet im Hochregallager der Lernfabrik, in dem sich das unbearbeitete Kunststoff-Rohteil befindet. Es wird entnommen, zur CNC-Maschine gebracht und dort in mehreren Schritten bearbeitet. Dann erfolgt eine automatisierte Qualitätsprüfung bei der kontrolliert wird, ob alles richtig gefräst wurde. Danach kommt eine Robotermontage mit Bestückung der Platine und dem Einsetzen von zwei Sicherungen. Hier übernimmt ein Kamerasystem eine weitere Qualitätskontrolle und einen Check, wie die Lage des Gehäuses ist. Dementsprechend erfolgt der Greiferwechsel für die Montage zusätzlicher Bauteile.
Auf dem Weg ins CP-LAB
Nach der Qualitätskontrolle geht es über eine Weiche mit dem Robotino zur weiteren Bearbeitung ins CP-Lab. Dabei wird das Werkstück mittels Bandsystem eingeschleust und in ein Magazin gebracht. Weitere Schritte sind das Bohren, das Anbringen des Deckels mit einer Muskelpresse sowie das Versehen mit einem Etikett und die Ausgabe des fertigen Werkstücks. Dabei wird der gesamte Prozess natürlich verfolgt, digital gesteuert und dokumentiert, damit alle Daten für jedes Werkstück jederzeit abrufbar sind.
Kompetenzorientiertes Lernen
Im WIFI Dornbirn dreht sich alles um zukunftsorientierte Kompetenzen. Es geht unter anderem um Grundlagen und tiefergehendes Wissen in der Pneumatik, Elektrotechnik, Elektronik und Sensorik. Dazu kommen SPS-Programmierung, RFID-Technologie, Netzwerktechnik, Robotik, die Anbindung und Vernetzung der einzelnen Komponenten der Anlagenteile. Dabei stehen wichtige Fragen im Raum: Wie ist der Ablauf der Kommunikation während des Produktionsprozesses? Wie und wann reden die Anlagen untereinander bzw. wie kommen die Daten zu den einzelnen Anlagenteilen? Entscheidende Themen für Unternehmen, die auf dem Weg in Richtung Industrie 4.0 sind.
Breite Themenvielfalt
Neben der Vorbereitung und Prüfung von Lehrlingen mit dem Modul „Robotik“ wird ab dem kommenden Jahr unter anderem ein Modul „Smart Maintenance“ angeboten, dass schon jetzt bei den Unternehmen auf großes Interesse stößt. Auch HTLs greifen gerne auf die Digitale Lernfabrik zurück und integrieren sie in ihren Praxisunterricht. Das Wifi Dornbirn darf zurecht stolz sein, denn es gehört – dank top Ausstattung – zu den Vorreitern in der technischen Ausbildung in Österreich. Das ist auch ein wichtiges Signal für die Unternehmen in Vorarlberg. Stefan Pöll: „Viele wissen noch nicht genau, wo sie in Sachen Industrie 4.0 ansetzen sollen. Sie brauchen einen Fahrplan, welche Kompetenzen für welche Technologien wann erforderlich sind. Ist eine Integration in den eigenen Betrieb überhaupt möglich? Wo stößt man mit alten Anlagen an Grenzen? Umso wichtiger ist es für diese Unternehmen, durch unsere Kurse entsprechend ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu haben, mit denen man im Betrieb dann weiter aufbauen und die nächsten Schritte gehen kann. Die Digitale Lernfabrik ist der Schlüssel dazu.“
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