Die „letzte“ Meile

Die „letzte“ Meile

Der lange Weg zum Kunden

04/02/2020
5 min
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Wenige Konsumenten denken darüber nach, wie das Produkt, das sie im Onlineshop bestellen, zu ihnen kommt. Wie es der Lieferservice organisiert, dass Pizza, Burger oder Lebensmittel vor die Haustür geliefert werden. Wie es der Netzbetreiber technisch schafft, dass man selbst in der kleinen Ortschaft mit einer hohen Datenübertragungsrate surfen und streamen kann, oder welche komplexen Abläufe bei einem Autohersteller im Hintergrund notwendig sind, damit Einzelteile
rechtzeitig von der Ladefläche des Lkw in der Fertigungshalle landen.

Die Herausforderung „letzte Meile“ ist nämlich der Grund, warum Lieferservices in vielen Regionen nicht funktionieren, warum man in manchen Gegenden noch immer mit Schneckentempo surft und warum Industriebetriebe dort entstehen, wo die entsprechende Infrastruktur vorhanden ist. Will ein Handelsunternehmen erfolgreich sein, muss die Logistik ihrer Lieferkette effizient und reibungslos funktionieren.

Datenturbo 5G

Technologie soll künftig dabei mithelfen, dass auch die letzten noch verbliebenen weißen Flecken logistisch erfasst werden können. Eine Technologie, auf die derzeit gesetzt wird, ist 5G – dieser neue Mobilfunkstandard macht einerseits das Internet der Dinge möglich, und andererseits ist er die Lösung für die last mile.

Bei 5G sind mobile Übertragungsraten von 1 Gbit/s machbar. Das bedeutet, dass man nicht mehr zu jedem einzelnen Haus eine Leitung graben und ein Glasfaserkabel hineinlegen muss, weil mobil schon eine hohe Datenübertragungsrate erreicht wird, die für einen Haushalt ausreicht. Dieses „Fiber to the home“ ist übrigens nicht nur teurer als das mobile Breitband, der Ausbau des Festnetzes dauert auch länger und ist umständlicher. Zudem – der Mobilfunk entwickelt sich weiter.

Narrowband-IoT

Mit 5G kann auch das seit Jahren schon propagierte Internet der Dinge realisiert werden, in dem bald schon Geräte, Tiere und auch Pflanzen miteinander kommunizieren werden. Über ein eigenes
„Schmalband“-Internet, Narrowband-IoT genannt. NIoT macht es möglich, dass man sowohl Smart City als auch Industrie 4.0 leichter realisieren kann. So kann man intelligente Parkplätze in der Stadt bauen, in die Sensoren integriert sind, über die man wiederum informiert wird, ob der Platz frei ist etc.

Aber auch Logistiksysteme werden über dieses Schmalband-Internet miteinander kommunizieren und die Lieferkette beeinflussen. Denn auch wenn die Fabrik der Zukunft – Stichwort Industrie 4.0 – digitalisiert, sprich, die Produktion vernetzt ist, so muss auch die Logistik vernetzt werden.

Internet-5G

Logistik 4.0

Seit geraumer Zeit schon hat sich der Slogan „Just in time“ verankert, jüngst ist der Begriff „Logistik 4.0“ hinzugekommen. Die Branchen müssen immer enger mit der Industrie kooperieren, exakt wie ein Uhrwerk aufeinander abgestimmt sein. Mit Barcodes, Funkchips (RFID) und autonomen Maschinen in den Fabriken hat alles begonnen, künftig kommen selbstfahrende Lkw, Lieferwägen und Drohnen hinzu, die auch kleinste Mengen pünktlich zustellen – alles organisiert über Plattformen, über die sich Kunden und Lieferanten vernetzen und die Zustellung organisieren können.

Paket im Kofferraum

Zugänge der punktgenauen Lieferung gibt es verschiedene – von den Paketshops, die üblicherweise bei hoch frequentierten Plätzen wie Tankstellen oder Einkaufszentren zu finden sind, über Paketschließfächer, die rund um die Uhr aufgesucht werden können und enden bei Konzepten, wie es die Österreichische Post vor zwei Jahren probiert hat – die Kofferraum-Zustellung; Pakete wurden im Kofferraum des Autos deponiert.

Wenn die Drohne Medikamente liefert

Auf der „last mile“ werden künftig Drohnen und Roboter zum Einsatz kommen. Vielleicht nicht morgen oder übermorgen, aber im kommenden Jahrzehnt. Amazon und UPS haben bereits Pilotprojekte gestartet, um die Drohnenzustellung zu testen, und Drohnen-Startups, deren Geschäftsfeld das Lieferservice ist, gibt es schon viele – Flirtey (www.flirtey.com) war
das erste Drohnen-Lieferservice der Welt, lange bevor Google und Amazon aktiv wurden. An Matternet (www.mttr.net) ist die Schweizer Post beteiligt und Skycart (www.skycart.net) garantiert eine Lieferung innerhalb von nur 30 Minuten.

DHL testet derzeit gemeinsam mit dem Startup Wingcopter (www.wingcopter.com) die Zustellung von Medikamenten per Drohne. Das Startup Zipline (www.flyzipline.com) liefert in Ruanda statt Konsumgütern Blutkonserven aus. Obwohl sich derzeit nicht abschätzen lässt wie die Drohnenzustellung künftig funktioniert und ob das unter den derzeitigen Rahmenbedingungen bei uns in Europa überhaupt möglich ist (so muss die Überflugsberechtigung im dicht besiedelten Gebiet geregelt werden), steht fest, dass Drohnen in einigen Jahren genauso zu den Lieferanten gehören werden wie selbstfahrende Lieferwagen.

Drohne_Space

Selbstfahrende eLieferanten

Diese Konzepte verfolgen Google, Amazon aber auch Uber schon lange. Und wenn die Großen der Branche auf solche Bereiche setzen, ist es fast logisch, dass auch kleinere Unternehmen und Startups Systematiken entwickeln. Das deutsche Startup Rytle (www.rytle.de) hat nicht nur ein elektrisches Cargobike, ein Lastentrike entwickelt, sondern auch die Auslieferungslogistik. Die Zentrale des Lieferservices sind 10-Fuß-Container, die an bestimmten Hotspots aufgestellt und vom Lieferanten befüllt werden. Einmal täglich bringt ein Lkw die Container mit den vorsortierten
Sendungen in die Stadt, aus denen sich die Cargobikes dann versorgen. Abends werden die Container wieder eingesammelt und in einen Logistik-Hub transportiert, wo sie über Nacht wieder befüllt werden.

Analog gustieren

Für die „last mile“ gibt es, so scheint es zumindest, viele Konzepte. Auch wenn man sich künftig alles liefern lassen kann, Roboter die Tür öffnet oder Drohnen im Vorgarten landen lässt, wird parallel zu diesen Projekten auch das analoge Einkaufen forciert. Amazon hat kürzlich analoge
Filialen eröffnet, damit die Kunden haptisch einkaufen können. Aber selbst bei diesem Projekt spielt die letzte Meile eine wichtige Rolle – denn der Kunde kann gustieren, auswählen, kaufen – geliefert werden ihm die Produkte frei Haus.

 

Autor & Journalist

Gerald Reischl

Autor & Journalist

Gastautor - Gerald Reischl

Dieser Blogbeitrag stammt von Gerald Reischl. Er ist Technologiejournalist sowie internationaler Vortragender und Autor mehrerer Bücher mit dem Schwerpunkt Informationsgesellschaft. Er baute das Portal futurezone.at zur führenden Technologie-Nachrichten-Plattform Österreichs auf.

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