Artificial-Intelligence

Zahnarzt 4.0

Warum Zahnärtze Artificial Intelligence brauchen

10/09/2019
5 min
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Dr. Schwarz wird künftig seinen Patienten innerhalb von einer Stunde eine neue Krone anfertigen und einsetzen können. Möglich ist das durch ein neues Gerät von den Entwicklern der Dental Manufacturing Unit (DMU). Dr. Schwarz´ Neugier hat die Entwickler dazu gezwungen, das Gerät mit künstlicher Intelligenz auszustatten, denn um den Fräsvorgang der Maschine genau beobachten zu können nimmt er seine Handylampe und leuchtet ins Innere des Geräts. Kurz darauf bricht die Maschine den aktuellen Vorgang ab, wechselt in den Error-Status und Martin Huber, einer der Entwickler, bekommt eine Fehlermeldung. Aber der Reihe nach.

Schnittstelle zwischen Zahnarzt und Entwickler

Die Zahnärzte der Zukunft sind nicht mehr auf Zahntechniker und lange Wartezeiten im Zusammenhang mit Zahnkronen angewiesen. Sie verwenden ein Gerät, das es ihnen ermöglicht, direkt vor dem Patienten innerhalb von einer Stunde den passenden Zahnersatz zu produzieren. Dabei steht die Maschine in ständigem Kontakt mit dem Zahnarzt und den Entwicklern. Das Gerät ist sozusagen eine Schnittstelle und verwendet zur Kommunikation eine kombinatorische Auswertung von Sensoren. Einer der wichtigsten Sensoren in diesem Verbund ist die Kamera im Inneren der Maschine. Sie überprüft anhand von Vorher- und Nachherbildern jeden Schritt, den der Arzt setzt.

Die Grauwertanalyse als bewährte Methode

Zum Zeitpunkt als Dr. Schwarz eine der ersten Maschinen zur Testung bekommt, funktioniert diese Überprüfung mittels eines Grauwerthistogramms. Einer bewährten und sehr schnellen Methode. Das heißt, das Vorherbild wird nach jedem Schritt, den der Zahnarzt tätigt, mit einem Nachherbild verglichen. Hat der Zahnarzt einen Fehler gemacht, gibt das Gerät eine entsprechende Rückmeldung.

Bei der Grauwertanalyse berechnet das Gerät die Anzahl der dunklen und hellen Pixel von Bildern, auf diese Weise entsteht ein Grauwertdiagramm. Die Vorherbilder sind so genannte Referenzbilder, mit denen die Maschine bereits im Vorfeld gefüttert wird. Zieht man eine Linie über die Grauwerte der beiden Bilder, hat man dunkle und helle Bereiche ermittelt und weiß, ob der Zahnarzt den geforderten Schritt richtig gesetzt hat oder nicht.

Vorher-Nacher-Bilder

Wenn die Umgebung unkontrollierbar wird

Als Dr. Schwarz während des Vorgangs der Fotoanalyse in das Geräteinnere leuchtet, verändert er damit die Lichtverhältnisse so stark, dass das Gerät die Grauwerte nicht mehr auswerten kann und in den Fehlermodus schaltet. Die Entwickler bekommen derartige Ergebnisse nicht nur von Dr. Schwarz, sondern auch von anderen Testern, obwohl keiner von ihnen die Grauwertberechnung mit einer Lampe gestört hat, das war gar nicht notwendig.

Martin Huber und sein Team erkannten, dass die Entwicklung des Geräts unter immer gleichen Bedingungen stattfand, ihr Testraum hatte ideale und konstante Bedingungen. Draußen im realen Feld stieß die Methode der Grauwertanalyse schnell an ihre Grenzen.

Das Gerät entwickelt ein Saunaklima

Im Inneren des Geräts kommt es zu extremer Hitze und Luftfeuchtigkeit. Sobald sich Tröpfchen bilden und etwa die Sonneneinstrahlung sich in diesen Tropfen bricht, stimmen die Lichtverhältnisse nicht mehr, und die die Stabilität der Grauwertanalyse geht verloren. Ein weiteres Problem ist der Verschmutzungsgrad. Sobald das Gerät den ersten Fräsvorgang hinter sich hat, verhindert der entstandene Keramikstaub - der sich mitunter auch direkt auf dem Kameraglas absetzt - eine genaue Analyse.

Soll nun ermittelt werden, ob die Krone beim Fräsvorgang abgebrochen ist oder nicht, benötigt man genaues und verlässliches Bildmaterial. Aufgrund der zuvor gefütterten Referenzbilder weiß die Maschine wie die Grauwerte einer abgebrochenen und die einer intakten Krone aussehen. Kann das aktuelle Bild nicht berechnet werden, kommt es zu einem Software-Error und das Gerät verlangt nach einem Servicetechniker. Fazit: Die Grauwertanalyse konnte ihren Zweck nicht erfüllen.

Ein Zwischenschritt

Eine neue Methode musste gefunden werden. Fündig wurden die Entwickler von DMU in einem komplexeren Analyseverfahren, das ebenfalls auf implementierten Bildern basiert. Das so genannte Pattern Matching erkennt Muster anhand von Referenzbildern und orientiert sich dabei, der Laie glaubt es kaum, am Äquator. Pattern Matching geht davon aus, dass eine Krone am Äquator ungefähr rund ist, daher werden im Gerät verschiedenste Kreismuster hinterlegt, ein Algorithmus versucht dann diese Kreismuster zu erkennen. Ähnlich wurden mechanische Kanten im Gerät digital vorgezeichnet und in weiterer Folge versucht, das Bild an diese digitale Zeichnung anzupassen.

Die Methode hat tatsächlich besser funktioniert als die Grauwertanalyse, in einigen Fällen gab es jedoch nach wie vor Probleme. Wiederum waren Reflexionen und Bildverschmutzungen dafür verantwortlich. In der konventionellen Industrie, die immer gleiche Verhältnisse vorfindet, kann ein „Pick and Place“ Roboter mit Pattern Matching oder auch der Grauwertanalyse sehr gut zurechtkommen, in einer Zahnarztpraxis bedarf es einer anderen Lösung.

Der Wandel des Umfelds fordert Machine Learning

Dr. Schwarz wartete auf die dritte Version des Geräts, die schlussendlich mit den erschwerten Bedingungen umgehen wird können. Die Entwickler waren gezwungen, sich der herausfordernden Welt des Machine Learning zu widmen. Denn schlussendlich musste das Gerät so gut funktionieren wie ein selbstfahrendes Auto. Letzteres kann auch nicht alle Kreuzungen und Situationen der Welt im Vorhinein gelernt haben. Der Vorteil an Machine Learning ist, dass mit jeder neuen Situation dazugelernt wird. Auf diese Art kann das Auto ab einem gewissen Lerngrad auch auf unbekannte Situationen entsprechend abstrahieren.

Was haben die Entwickler also gemacht?

Zunächst ist man einem sehr häufigen Fehler verfallen. Man fütterte die Maschine mit tausenden Bildern von perfekten Kronen und Werkzeugen und erhoffte sich die gewünschten Ergebnisse - doch diese blieben erneut aus. Die Artificial Intelligence war „weak“ (schwach).

Hund-Wolf-Szenario

Informatikstudenten kennen das Wolf-Hund-Szenario, bei dem eine Maschine den Unterschied zwischen einem Wolf und einem Hund erkennen soll. Dazu füttert man diese Maschine mit 10.000enden Bildern von Hunden und Wölfen. Schlussendlich war die Erkennungsrate am Ende sehr gut, doch nur bis zu dem Zeitpunkt, als ein Bild von einem Hund der im Schnee herumtollt auftauchte. Was war passiert? Die Bilder der Wölfe waren fast ausschließlich in einer Schneelandschaft und die der Hunde in Wiesen, d.h. die Maschine konnte perfekt zwischen Schnee und Wiese unterscheiden, jedoch keinen Unterschied zwischen einem Hund und einem Wolf ausmachen.

Training für das Artificial Gehirn

Bei der Methode der Artificial Intelligence ist das passende Datenmaterial von enormer Bedeutung. Die Entwickler brauchten also neben den perfekten Bildern von Kronen und Werkzeugen auch solche von verschmutzten und helleren bzw. dunkleren Lichtverhältnissen, um die Synapsen des Artificial Gehirns so zu vernetzen, dass es auch fehlerhafte Bilder erkennen konnte. Ein Training Set musste erarbeitet werden. Im Fall der Kronenmaschine brauchten die Entwickler 15.000 Bilder mit möglichst vielen Spezialfällen. Eine Frage der Zeit, denn fehlerhafte Bilder zu erzeugen ist schwieriger als gedacht. So gesehen hatte Dr. Schwarz, als er mit seiner Lampe ins Gerät leuchtete, zum Training Set beigetragen.

Sobald das Bilderalbum groß genug war, wurden die Algorithmen neu definiert, um eine starke künstliche Intelligenz mit einem gut vernetzten Gehirn zu trainieren. Nach einigen Stunden hat die Maschine die 15.000 Bilder verarbeitet, mit diesem für den Menschen nicht voll verständlichen Regelwerk, kann sie jetzt automatisiert Bilder auswerten. Selbst wenn Dr. Schwarz wieder einmal die Neugierde überkommen sollte.

Für weitere Informationen zum Unternehmen Dental Manufacturing Unit, klicke hier.

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